Ein Tagestrip nach Nara – Japans alte Hauptstadt
Bis zum Beginn des achten Jahrhunderts war es in Japan üblich, dass die Hauptstadt nach dem Tod des Kaisers verlegt wurde, da dieser eine Unreinheit hinterlassen hat, die kein motivierter neuer Kaiser gebrauchen konnte. Nara war der erste Regierungssitz, mit der man versuchte diese Tradition aufzulösen und eine permanente Hauptstadt einzurichten. 70 Jahre konnte Nara diesen Titel für sich beanspruchen bevor aus verschiedenen politischen Gründen die nicht-so-permanente Hauptstadt nach Kyoto verlegt wurde.
Während der Nara-Zeit war die japanische Oberschicht von der coolen neuen Religion begeistert, die zunehmend aus China ins Land getragen wurde. Buddhismus war groß im Kommen und so wurde Nara nach dem Vorbild von Xi’an – der Hauptstadt des buddhistischen Chinas – erbaut.
Diesem geschichtlichen Hintergrund haben wir es heute zu verdanken, dass Nara so eine wunderschön kompakte Stadt ist, in der sich eine Sehenswürdigkeit an die nächste reiht. Wie an jedem schönen Ort könnte man hier allein schon drei Wochen verbringen, doch die Dichte an Sehenswürdigkeit macht Nara auch zu einem perfekten Ziel für einen Tagesausflug.
Anreise
Den JR-Bahnhof Nara kann man von Kyoto und Osaka aus in ca. 45 bis 60 Minuten erreichen. Die Fahrt kostet ungefähr 700¥ bis 1100¥ je nachdem, ob man einen der Expresszüge nimmt oder nicht. Für Besitzer eines Japan Rail Pass ist die Fahrt im Pass mit inbegriffen.
Um in Nara ausreichend viel Zeit zu haben, empfehle ich möglichst früh loszufahren, sodass man zwischen 7 und 8 Uhr morgens ankommt.
Ankunft in Nara
Nachdem wir am JR Bahnhof in Nara angekommen sind, können wir in Richtung der Straße Sanjo Dori aufbrechen. Bei Bedarf kann man vor dem Bahnhof einen Bus nehmen. Die perfekte Art Nara zu erkunden ist allerdings zu Fuß.
Die Sanjo Dori ist eine nett ausgebaute, Spaziergänger-freundliche Straße, die uns an verschiedenen kleinen Geschäften direkt in Richtung der Hauptattraktionen Naras führt. Unterwegs kommt man noch an einem 7/11 vorbei, in dem man sich bei Bedarf mit Getränken und Verpflegung für den Tag eindecken kann.
Matcha Mochi – traditionelle japanische Snacks
Wenn man Glück hat hört man schon bald an den lauter werdenden Rufen, dass man sich meinem ersten Highlight des Nara-Trips nähert: In der Sanjo Dori gibt es einen kleinen Laden der nach traditioneller Methode hergestellte Mochi verkauft.
Mochi sind Reiskuchen und eine traditionelle japanische Süßigkeit. Die in diesem Laden verkauften Mochi stammen frisch aus der Zubereitung mit Holzhammer & bloßen Händen. Sie haben eine grüne Matcha-Färbung und sind mit süßer roter Bohnen Paste gefüllt.
Ein Besuch lohnt sich schon allein aufgrund der beeindruckenden Vorführung der Zubereitung. Ich konnte es mir aber nicht verkneifen dann auch einen Mochi zu probieren: Frisch zubereitet sind sie warm und ein bisschen weich.
Ein sehr leckerer, süßer Snack, der einen mit einem Preis von 130¥ niemanden arm macht. Ich kann das Probieren auf jeden Fall empfehlen!
Kofuku-ji
Vom Mochi-Laden aus ist es auch nicht mehr weit bis wir zu unserer rechten den Sarusawa-Teich und zu unserer linken die Treppe zum buddhistischen Tempel Kofuku-ji sehen. Hier kann man sich nach belieben umschauen. Wie bei vielen Tempelanlagen in Japan ist auch hier der Eintritt kostenfrei.
Der Kofuku-ji ist der erste buddhistische Tempel, der uns auf unserem Trip begegnet und beeindruckt mit einer dreistöckigen und einer fünfstöckigen Pagode. Zusätzlich gibt es noch drei Haupthallen zu besichtigen. Eine schöne Anlage, die einen auf die traditionelle Atmosphäre einstimmt, die uns für den Rest des Ausflugs begleiten wird!
Nara Koen – Naras Park der Hirsche
Wer das Gelände des Kofuku-ji zwischen der fünfstöckigen Pagode und dem anderen Tempelgebäude verlässt, geht direkt auf den Nara-Koen zu. Sobald die Holzzäune am Rande des Sandweges zur linken einer großen Wiese Platz machen, sollte man einen ersten Blick auf die wandelnden Wahrzeichen der Stadt Nara erhalten: die Sikahirsche.
Die ca. 1.200 Hirsche leben im Park und sind menschlichen Kontakt gewöhnt. Zu meiner Überraschung konnte ich feststellen, dass sie sogar die Verkehrsregeln beherrschen: Die Fußgängerampel, die das Gelände des Kofuku-ji vom Rest des Nara-Koen trennt, wird auch von den Hirschen berücksichtigt, die die Straße in der Regel mit den Menschengruppen zusammen überqueren sobald die Ampel grün wird. Unglaublich, aber wahr!
Schnell wirst du merken, dass die niedlichen Hirsche allerdings auch wissen, dass Menschen oft mit Keks-Spendern gleichzusetzen sind. An kleinen Ständen im Park kann man für ca. 130¥ Kekse kaufen, die die Hirsche gut vertragen. Ganz entsprechend japanischer Manieren haben die Hirsche sich sogar angewöhnt sich vor Erhalt der Kekse zu verbeugen.
Doch lasst euch nicht täuschen: sobald sie erstmal wissen, dass man Kekse hat, ist man schneller eingekreist als man schauen kann. Es empfiehlt sich also keine losen Bänder oder ähnliches aus Taschen und Rucksäcken hängen zu lassen, da diese sich sonst schnell selbstständig machen können.
Allein mit den Hirsche könnte man schon einen ganzen Tag verbringen. Da sie im Park aber allgegenwärtig sind, gehen wir erstmal weiter. (Nachdem wir uns mit Keksen ausgerüstet haben, um diese unterwegs an hungrige Hirsche zu verteilen)
Todai-ji & Daibutsu – der größte Buddha Japans
Nachdem wir mit den Hirschen die Ampel überquert haben geht es geradeaus durch den Park bis zum nächsten Zebrastreifen, vor dem wir links abbiegen. Dies führt uns auf direktem Wege in Richtung Todai-ji, dem Tempel, der mit 15 Metern die größte Buddhastatue Japans beherbergt.
Der Eintritt in die Daibutsuden („Halle des großen Buddha“) kostet ca. 600¥. Dieses Wahrzeichen ist stets gut besucht weshalb es sich lohnt hier frühzeitig hinzugehen, wenn man morgens in Nara angekommen ist. So lassen sich die ganz großen Touristenmassen vermeiden.
Zu sehen bekommt man gleich zwei Superlative denn die Haupthalle des Tempels ist das größte rein aus Holz erbaute Gebäude der Welt. 1708 wurde die Halle neu aufgebaut und soll vorher noch um ein drittel größer gewesen sein als jetzt.
Nach der Besichtigung des großen Buddhas gehen wir in Richtung der großen Halle Nigatsu-do. Diese Halle (wörtlich „Halle des zweiten Monats“) gehört zum Tempelgelände des Todai-ji, ist aber unabhängig vom großen Buddha und der Haupthalle kostenfrei betretbar. Man muss ca. 70 Stufen erklimmen, wird dafür allerdings mit einer schönen Aussicht über den Park und die Tempelanlage belohnt.
Südlich befindet sich die Sangatsu-do („Halle des dritten Monats“), das ältesten Gebäude des Tempels. Die beiden Hallen haben ihre Namen aufgrund der jährlichen Zeremonien erhalten, die dort im Februar und März abgehalten werden.
Wakakusayama & Kasuga-Taisha
Wenn wir dem Weg am Sangatsu-do vorbei weiter folgen kommen wir am 342m hohen Wakakusayama vorbei. Einem Berg, auf dem jährlich im Winter das kurze Gras auf den Hängen des Berges in einer beeindruckenden Zeremonie abgebrannt wird.
Wenn man möchte, kann man den Berg besteigen. Es wird allerdings eine kleine Eintrittsgebühr in Höhe von 150¥ verlangt. Vom Berg aus, kann man eine schöne Aussicht über die umlegende Gegend genießen.
Wenn man am Wakakusayama vorbei geht, läuft man direkt auf den Shinto Tempel Kasuga-Taisha zu. Dieser kündigt sich vorher schon durch die Laternen an, die die Wege um die Anlage säumen. Die klassischen hellroten Gebäude sind wirklich schön und sehenswert. Auch hier treiben sich auf dem Gelände die Hirsche unbeeindruckt von den Touristen herum und gehen ihrem Leben nach.
Teich Sagi-ike & Ukimido Gazebo
Vom Kasuga-Taisha aus machen wir uns langsam auf den Rückweg durch die waldigere Region des Parks, um eine Pause am Teich Sagi-ike einzulegen. In dessen Mitte befindet sich der Ukimido Gazedo (Pavillion), in dem man sich hervorragend hinsetzen, etwas trinken und essen und die Natur genießen kann. Als ich dort war, war ich erstaunt wie wenige Leute ich dort vorgefunden habe. Die ruhige Atmosphäre des Sees lädt einen direkt zum Erholen ein!
Naramachi – Naras altes Händlerviertel
Nach der Pause am Wasser machen wir uns langsam aber sicher zurück auf in Richtung des Bahnhofs. Wir können entweder die Sanjo Dori zurück gehen oder die Paralleltraßen etwas weiter südlich nehmen. Diese führen durch den Bezirk Naramachi (wörtlich „Nara Stadt“). Früher war dies das Händlerviertel der Stadt. Viele alte Gebäude wie Wohn- und Lagerhäuser sind hier erhalten geblieben und laden zum erkunden ein. Wer noch nicht genug von Tempeln hat, kann sich hier auch den Gango-ji anschauen.
Je nachdem wie viel Zeit du an den einzelnen Stationen (und mit Hirsche füttern) verbracht hast sollte sich der Tag auch langsam dem Ende nähern. Wenn du den Straßen Naramachis nach Westen folgst, gelangst du zurück zum JR Bahnhof und kannst dort die Bahn zurück zu deiner Unterkunft nehmen, um dich wohlverdient deinem Abendprogramm zu widmen!
Short & Simple
Allgemeine Infos
- Du nimmst die Bahn von Kyoto oder Osaka aus zur JR Station Nara
- Vom Bahnhof aus folgst du der Straße Sanjo Dori in Richtung des Tempels Kofuku-ji
- Unterwegs hast du die Möglichkeit leckere Mochi zu probieren
- Nach dem Besuch des Kofuku-ji geht’s in den Nara Koen, um Hirsche zu füttern
- Im Todai-ji besichtigst du die größte Buddhastatue Japans
- Vom Wakakusayama kannst du die Aussicht über die Gegend genießen
- Im Ukimido Pavillion genießt du die Ruhe des umliegenden Teichs und stärkst dich mit Snacks
- Anschließend machst du das alte Händlerviertel Naramachi unsicher
- Abends nimmst du dann glücklich und erschöpft die Bahn zurück zu deiner Unterkunft
Kosten
Yen ¥ | Euro € | Wofür |
---|---|---|
700¥ bis 1100¥ | 5,50€ bis 8,50€ | Anreise mit der Bahn (Im JR Pass inbegriffen!) |
130¥ | 1€ | Ein Matcha Mochi mit roter Bohnenpaste |
130¥ | 1€ | Kekse zum Füttern der Hirsche im Park |
150¥ | 1,10€ | Eintritt zum Besteigen des Wakakusayama |
1300¥ | 10€ | Verpflegung und Getränke für unterwegs |
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